22.08.2023 | Mondmission

Space Race zum Mond

Russland und Indien wagten in den letzten Tagen neue Landungen auf dem Mond - mit unterschiedlichem Erfolg. Während die erste russische Mondmission seit fast 50 Jahren scheiterte, gelang es Indien, erfolgreich auf dem Südpol des Mondes aufzusetzen. Doch auch andere Staaten versuchen den einzigen Trabanten der Erde wieder für sich zu erobern. Was Mondmissionen so schwierig macht und ob der Welt ein neues Space Race bevorsteht, erklärt ÖAW-Weltraumforscher Manuel Scherf im Interview.

Die Mondmissionen haben sich seit dem ersten Space Race stark verändert. © Adobe Stock

Seit 1972 der letzte Mensch über die glühend heiße Oberfläche des Mondes wanderte, fanden ausschließlich unbemannte Reisen zum Mond statt. Das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Denn neue Entdeckungen in der Nähe des Südpols des Mondes unterstreichen die Bedeutung weiterer Missionen. Ob es zu einem neuen Space Race kommt und was ein Wettrennen zum Mond heute bedeutet, erzählt Manuel Scherf vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Was sagen Sie zum Ergebnis der aktuellen indischen Mondmission?

Manuel Scherf: Es ist schön zu sehen, dass es beim zweiten Anlauf mit Chandrayaan-3 nun endlich geklappt hat. Die Landung ist erfolgreich und ohne nennenswerte Probleme über die Bühne gegangen. Das ist ein großer Erfolg für das indische Mondprogramm und bedeutet mit Sicherheit einen positiven Schub für die zukunftigen Pläne der indischen Weltraumagentur. Ich bin nun aber auch gespannt auf die wissenschaftlichen Ergebnisse, welche die Mission liefern wird. Man darf wohl mit einigen interessanten
Erkentnissen rechnen, die für zukünftige bemannte Missionen zum Mond von Bedeutung sein werden. Ich gratuliere allen Beteiligten zu diesem großartigen Erfolg!

Warum gewinnen Mondmissionen aktuell wieder an Bedeutung?

Heute rücken Mondmissionen auch in die Reichweite von privaten Unternehmen.

Scherf: Es wurden Indizien für Wasser in der Nähe des Südpoles des Mondes gefunden. Dadurch ist das Interesse wieder stark geweckt worden. Wenn man Wasser als Ressource direkt am Mond gewinnen könnte, wäre das vor allem für bemannte Missionen ein Vorteil. Dazu kommt, dass es technologisch einfacher wird auf dem Mond zu landen, als das in den 60er Jahren der Fall war. Damals musste man enorme Summen investieren, um das möglich zu machen. Heute rücken Mondmissionen auch in die Reichweite von privaten Unternehmen.

Hat sich das Ziel der Mondmissionen, im Vergleich zu früheren Jahrzehnten, verändert?

Scherf: In den 1960er und 70ern ist man hauptsächlich in der Nähe des Äquators gelandet, weil die Landung dort einfacher ist. Durch die Entdeckung des Wassers ist der Südpol ganz klar in den Fokus gerückt. Das ist allerdings technisch schwieriger als in der Äquatorregion zu landen. Man braucht mehr Energie dazu und auch die Landung ist schwieriger. Das Problem ist, dass man den Boden für die Landung gut kennen muss. Den zu erkunden ist am Südpol besonders schwierig, da die Belichtung sehr flach ist. Es gibt lange Schatten und Gebiete, die permanent im Dunklen liegen. Dementsprechend sehr schwer ist es zu eruieren, ob man sicher landen kann. Das könnte auch für die zukünftigen Missionen noch zum Problem werden.

Geht der Trend wieder in Richtung bemannte Missionen?

Der Mond wird als Zwischenstation zum Mars dienen.

Scherf: Der Trend geht definitiv in die Richtung. Man hat in den 60er und 70er Jahren Unmengen an Budget aufgewandt, um tatsächlich auf dem Mond zu landen und es war natürlich auch ein gewisses Risiko dabei. Es ist also einerseits eine budgetäre Frage, und andererseits ist es technologisch leichter möglich geworden. Außerdem wird der Mond als Zwischenstation zum Mars dienen. Auch in diesem Sinn ist es ein nächster Schritt, Menschen wieder zum Mond zu bringen. Unbenannte Missionen werden aber auch weiterhin das Hauptmittel für die Erkundung des Mondes bleiben.

Das Space Race im 21. Jahrhundert

Kann man von einem neuen „Space Race“ sprechen?

Scherf: Bis zu einem gewissen Grad schon. Der indischen Mondmission ist zum Beispiel gelungen, als Erste am Südpol des Mondes zu landen. Davon abgesehen ist es ein weniger politisches Thema als in den 60er und 70er Jahren, sondern eher ein wissenschaftliches und ökonomisches.

Die indische Mondladung war nun erfolgreich - welche Missionen sind derzeit noch geplant?

Scherf: Die NASA plant, in Kollaboration mit der ESA, mit dem Artemis-Programm auf den Mond zu gelangen. China hat ebenfalls sehr gute Aussicht, sein Mondprogram erfolgreich weiterzuführen und auch Japan versucht, auf dem Mond zu landen. Dazu kommen noch private Unternehmen. Es gibt also einige neue Player.

 

AUF EINEN BLICK

Manuel Scherf forscht seit 2009 am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Er studierte Physik an der Universität Graz und beschäftigt sich unter anderem mit der Entstehung und Evolution erdähnlicher Atmosphären und der Entwicklung von Habitabilität.